Das größte Geschenk von allen!

Liebe Gemeinde,


wir freuen uns. Wenn man bedenkt, wo wir herkommen und wo wir jetzt sind – da müssen wir uns doch einfach freuen.


Manchmal vergessen wir das, aber es ist doch hilfreich, mal einen weiten Blick zu wagen.


Am Anfang des Christentums steht eine kleine Sekte innerhalb des Judentums. Der Prophet dieser Sekte, Jesus von Nazareth, scheitert, er stirbt am Kreuz. Aber trotzdem ist das nicht das Ende seiner Bewegung. Sie geht weiter. Es ereignen sich Erlebnisse, die wir heute als „Auferweckung“ interpretieren. Jesus hat begonnen, die Kirche macht weiter. Von einer kleinen Sekte zu einer großen Weltreligion – so weit haben wir es gebracht. Ist das etwa kein Grund zur Freude?


Im Mai feiern wir Pfingsten. Manchmal nennt man das etwas vereinfacht den „Geburtstag“ der Kirche. Nach der Geschichte mit Jesus beginnt etwas Neues. Die Sendung Gottes in die Welt geht weiter. Diesmal in der Gestalt des Heiligen Geistes. Er befähigt und beauftragt. Wir sind jetzt die Zeugen und Diener des Evangeliums.



Wir verkündigen das Evangelium in Wort und Tat. Das ist unser Auftrag. Und wir gehen auch gleich ans Werk. Knapp 300 Jahre später hat die neue Religion das römische Imperium erobert. Ist das nicht eine Erfolgsgeschichte? Ist das nicht ein Grund zur Freude?


Und heute? Heute leben wir – Gott sei Dank – in einem Staat, der grundsätzlich von christlichen Werten geprägt ist, aber die schlechten Auswüchse, die oft mit einer Idee zusammen-hängen, abgestreift hat. Und nun bekommen wir auf einmal ein anderes Problem.


Neulich rief mich eine Journalistin an und wollte ein genuin christliches Thema mit mir besprechen. Sie wollte es für eine TV-Sendung aufbereiten, wusste aber nicht so richtig, was sie machen sollte. Sie fragte mich, was genuin christlich sei, aber nicht in der Gesellschaft bereits bekannt oder verankert. Tätige Nächstenliebe sei auch im Sozialstaat bereits umgesetzt, das christliche Menschenbild sei auch schon genug behandelt, ethische Grenzprobleme auch diskutiert. Ich merkte irgendwann, dass ich auf theologische Themen abheben wollte, das wollte sie aber nicht. Das sei nun zu speziell.


Ich frage mich seit diesem Gespräch: Was haben wir Kirchen noch zu sagen, wenn es nicht theologisch speziell und nicht schon in der Gesellschaft verankert sein soll?


Nachdem ich eine gewisse Zeit über den Fluch des Erfolgs gegrübelt habe, bin ich im Rahmen von Pfingsten auf die allereinfachste Wahrheit des Glaubens gekommen.


Was an Pfingsten passiert, ist eine Ermutigung, eine Ermunterung, das Geschenk des Vertrauens. Entmutigte Menschen erfahren neue Kraft. Sie bekommen neue Zuversicht.


Darum geht es bei uns. Gottvertrauen steht im Mittelpunkt. Heute nennt man das Resilienz und es wird in Kursen der VHS oder des Managerseminars gelehrt. Ich denke aber, dass man das nicht richtig lernen kann. Man muss es am Ende haben. Es muss geschenkt werden. Es ist eigentlich eine Art Segen.


An Pfingsten bekommen entmutigte Menschen die Zusage: Es geht weiter. Es wird gut. Mach dich auf und arbeite mit. Und du kannst glauben: Gott hat einen Plan. Und dieser Plan wird sich erfüllen und es ist ein guter Plan, der zu einem guten Ziel führt. Auch wenn du nicht weißt, wie es gehen soll, es wird passieren. Und wenn du keine Ahnung hast, was du tun sollst, es wird eine Antwort geben. Vielleicht nicht die, die du erwartest. Und du wirst auch nicht immer die gerade Straße gehen können. Und du wirst auch mal hinfallen. Aber allem zum Trotz: Du kannst auf Gott vertrauen. Die Kraft Gottes wird mit dir sein.


Und ist diese einfache Wahrheit nicht das, was wir jetzt brauchen? Gerade in unserer Zeit, die so volatil und ambig ist?


Manchmal denke ich, dass ich verzweifeln würde, wenn ich nicht dieses Vertrauen hätte. Ich weiß es doch auch nicht. Ich wundere mich auch. Ich frage mich und ich zweifle. Aber am Ende geht es weiter. Und der Clou dabei ist: es geht sogar über das Ende hinaus.


Pfingsten ist das Zeichen dafür: Es gibt einen neuen Himmel und eine neue Erde. Und wir wandern darauf zu. Jeder auf seinem eigenen Weg. Und jeder in seinem eigenen Tempo. Und selbst die, die keinen Orientierungssinn haben: sie werden die Ersten sein.


Dekan Dr. Paul Metzger


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