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Beobachtungen in Zeiten der Corona - Krise


Am Briefkasten


In Zeiten der Krise ist auch Briefeschreiben wieder mehr angesagt, vor allem bei älteren Menschen mit begrenzter Medienerfahrung. Ein Gang zum Briefkasten kann sich unter diesen Bedingungen ganz anders gestalten als gewöhnlich.


Dies wurde mir bewusst, als ich - wie so oft kurz vor der Leerung - noch ein mir wichtiges Schreiben einwerfen wollte. Der Briefkasten war nämlich nicht zugänglich.


Nicht, dass jetzt auch der Kasten - sozusagen in Quarantäne - zugeklebt war, soweit gehen die Einschränkungen glücklicherweise ja nicht, aber der Einwurf war mir verwehrt, da sich ein Senior vor dem Kasten verweilte, der mich, die ich mit geziemendem Abstand wartete, überhaupt nicht wahrnahm. So blieb mir nichts anderes übrig als ihm zuzusehen, was sich, ohne dass ich es wollte, in die Länge zog.


Er hatte den Brief nämlich schon ein Stück weit in den Schlitz gesteckt, als er innehielt, zögerte und ihn dann zurückzog. Dabei rückte er die Brille auf seiner Nase zurecht, um die Adresse oder die Frankierung nochmals zu überprüfen. Dies getan, drehte er das Schreiben um und stellte wohl fest, dass die Rückseite nicht ordentlich zugeklebt war. Da er eine Maske trug, musste er jetzt den Mund frei machen, das heißt, den Mundschutz nach oben schieben, um mit Zunge und Fingern beim Kleben nachzuhelfen. Dann endlich landete das Kuvert in dem vorgesehenen Behältnis.


Nun galt es nur noch, die Maske wieder fest nach unten über die Mundpartie zu schieben. Dabei machte sich aber seine Brille fast selbständig, zum Glück ließ sie sich gerade noch fixieren. Schließlich nahm er seine abgestellten Tüten auf und entfernte sich mit schweren Schritten. Ein etwas jüngerer Mann hatte die Szene an sein Rad gelehnt mit mir beobachtet und bemerkte tiefsinnig: „Ja, so geht‘s“. Was auch immer das bedeuten mochte, vielleicht:


„So ergeht es einem im Alter, die Krise verstärkt die Probleme, man muss es halt akzeptieren und trotzdem seine kleinen Geschäfte erledigen, so gut es halt geht.“ Ich konnte nur zustimmend nicken und war insgeheim froh, meine übliche Ungeduld bezähmt zu haben, indem ich den alten Herrn erst gar nicht auf mich aufmerksam machte. Gern hätte ich ihm unter anderen Umständen Hilfe angeboten, wenigstens als freundliche Geste, auch wenn er sie vielleicht nicht gewollt hätte.


Ursula Päßler


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Erfahrungen einer Corona-Risiko-Person

Ich gehöre zu der Risiko-Gruppe, deshalb - so wurde mir eingeschärft - muss ich besonders aufpassen. Unfreiwillige Komik der Situation ergibt sich von alleine und Schadenfreude der Spötter kann ich ertragen.


Im Folgenden möchte ich schildern, wie es mir bei der Beachtung der Corona-Vorschriften erging.


Einkauf mit Maske, (Brille und Hörgeräte nicht vorgeschrieben, aber notwendig).


Zunächst aber zum besseren Sehen Augentropfen nehmen: Kopf weit in den Nacken legen, einträufeln, klappt. Jetzt Maske aufsetzen: Gummibänder über die Ohren ziehen - halt, da klemmt doch etwas.


Gummibänder zurück: Metallverschluss eines Ohrrings hat sich im Gummiband verfangen. Nicht mehr zu entwirren. Selbstvorwürfe: Geschieht dir ganz recht. In deinem Alter braucht man keine Ohrringe mehr tragen. Pure Eitelkeit oder einfach Gewohnheit. Aber immerhin: Maske mit Ohrring. Hat nicht jeder. Neuer Versuch: Gummibänder über den Kopf, dann über die Ohren. Was stimmt denn jetzt schon wieder nicht?


Hörgerät linkes Ohr ist herausgefallen (enger Gehörgang, sagt der Arzt, auf festen Sitz achten!). Ruhig bleiben!


Nur kein Stress! Hörgerät wieder einführen, Maske erneut aufsetzen. Jetzt fehlt nur noch die Brille. Die sitzt sowieso zu locker. Deshalb fest hinter die Ohrmuschel klemmen. Ergebnis: Brille sitzt, rechtes Hörgerät dagegen nicht. Cool bleiben, sagen da meine Enkel immer. Letzter und von Erfolg gekrönter Versuch. Jetzt nur noch unteren Teil der Maske langziehen.


Da klingelt das Telefon. Mein Sohn. Mama, klappt das mit der Maske? Habe dir extra eine gute geschickt. Leichtes Zögern meinerseits, dann: Ja, alles in Ordnung. Vielen Dank. Die Antwort meines Sohnes auf meine ´kleinen´ Probleme hätte gelautet: Du musst mehr üben. Aber das weiß ich ja. Werde ich auch tun, denn wer will seinen Sohn schon enttäuschen?!


Nachsatz: Trotzdem muss ich jetzt erst mal mein lädiertes Selbstbewusstsein wieder aufrichten. Was hat mein Vater
immer gesagt? Du hast zwei linke Hände. Mach lieber deine Schule. Wie recht er doch hatte....


Französisch Kurs

Ich bin der Schule bis heute treu geblieben, dabei im Lauf der Jahre von der Schülerin zur Lehrerin avanciert. Heute sehe ich mich lieber als Partnerin meiner Französisch-Schüler/innen, die wie ich fast alle zum „troisième âge“, d.h. zur 3. Alters-gruppe gehören. Schlicht gesagt: Wir sind nicht mehr die Jüngsten. Was uns aber eint, ist der Wunsch, die französische Lebensart und Kultur durch die Sprache noch besser kennenzulernen. Dabei steht unsere Partnergruppe in Lorient im Mittelpunkt. Wir erfahren, wie es ihnen in Corona-Zeiten so geht und mit wieviel Humor sie die Situation meistern.


Da Schule und Sprache aber vom Kontakt leben, überlege ich, wie ich Unterricht im Freien organisieren kann. Und da fällt mir meine Terrasse ein, groß genug für eine kleine Gruppe, um die Abstandsregeln einzuhalten. So können wir auch mit den Freunden weiterhin Kontakt halten. Bisher hat das Wetter zum Glück mitgespielt.


Ursula Päßler




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