Pfingsten – Das Fest des Heiligen Geistes und seine Symbole


Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. In der Apostelgeschichte wird erzählt, dass Jesus vor seiner Himmelfahrt die Ankunft des Heiligen Geistes ankündigt: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird“ (Apg 1,8). Diese Prophetie erfüllt sich, als die Jünger in Jerusalem das jüdische Fest Schawuot, das „Wochenfest“, feiern, das wiederum 50 Tage nach Pessach begangen wird. 50 Tage nach der Auferstehung Jesu kommt der Geist Gottes auf die Jünger herab: „Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen züngelnde Flammen und sie setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist“ (Apg 2,1-4).


Damit erfüllt sich nicht nur die Prophetie Jesu, sondern auch die alttestamentliche Verheißung, wonach Gott seinen Geist auf die Gläubigen ausgießen wird (Joel 3,1-3). Es ist bedauerlich, dass die Erzählung nicht breiter ausgeführt ist. Weihnachten und Ostern – als die anderen christlichen Hauptfeste – sind wesentlich detaillierter und aufwendiger, Pfingsten im Vergleich dazu eher knapp erzählt. Wie lässt sich also diese Erzählung vorstellen?


Zunächst das Brausen vom Himmel. Hier ist offensichtlich an eine Bewegung der Luft gedacht. Dies erinnert an die erste Schöpfungserzählung, in der Gott als Geist über den Wassern wie ein Windhauch schwebt. Der Geist als bewegte Luft lässt sich dementsprechend zumindest erahnen.


Aber wie soll man sich die „züngelnde Flammen“ vorstellen? Und warum wird angesichts der Feuersymbolik die Taube in der Wirkungsgeschichte zum zentralen Symbol des Heiligen Geistes?


Zuerst denkt man hier an die Taufe Jesu. Die Taufe mit dem Heiligem Geist, die in der Apostelgeschichte mit Feuer dargestellt wird, wird in den Evangelien nicht durch das zu erwartende Feuer symbolisiert, sondern durch die Herabkunft einer Taube. Als Jesus nach seiner Taufe durch Johannes aus dem Wasser steigt, fliegt aus dem geöffneten Himmel der Heilige Geist „wie eine Taube“ zu ihm und signalisiert so, dass der Geist Gottes auf ihm ruht (Mk 1,10). Von der alttestamentlichen Tradition und von Pfingsten her gelesen ist diese Verkörperung des Geistes durch die Taufe aber ungewöhnlich.


Eine charmante Idee entwickelte Wilhelm Martin Leberecht de Wette (1780-1849), der die Verbindung der Symbole sprachlich begründete. In der griechischen Originalsprache klingen die Begriffe für „Taube“ und „Feuerzungen“ in einer bestimmten Aussprache relativ ähnlich und unterscheiden sich nur in Bezug auf wenige Buchstaben.


Könnte es also sein, dass hier ein Hörfehler vorliegt? Oder ein Abschreibfehler? Vielleicht hat derjenige, der das Markus-evangelium geschrieben hat, nicht richtig verstanden, was ihm erzählt oder diktiert wurde? Oder hat ein späterer Abschreiber Buchstaben verwechselt? Dann wäre ganz einfach erklärt, dass aus „Feuerzungen“ eine „Taube“ wurde.


Möglich ist das, aber auch wahrscheinlich? Denn auch die Taube ist als Symbol gut belegt. In der Antike wird sie zunächst als Symbol der Liebe verstanden, da ihr Gurren und das „Schnäbeln“ als Liebeserweise gelten. Heidnische Liebesgöttinnen werden von einer Taube begleitet – das Motiv der Turteltaube kommt von hier und lebt gegenwärtig vor allem bei Hochzeiten fort. Als Liebessymbol kommt der Taube auch als Opfertier eine hohe Bedeutung zu. Nur diese Vögel gelten als geeignet, um die Gottheit durch das Opfer milde zu stimmen (Lev 1,14).


In der Frühzeit des Christentums wird die Taube durch die Erzählung von der Sintflut mit der Taufe verknüpft. Noah, der die von ihm ausgesandte Taube auf der Arche wieder in Empfang nimmt (Gen 8,8-12), wird zu einem beliebten Motiv des Grabschmuckes. Die Taube illustriert dabei den bleibenden Beistand des Geistes über den Tod hinaus. Taufe und Sintflut (und eben Taube) werden von dieser Erzählung her miteinander verknüpft: Denn wie die alte Welt ertrinkt und die neue geboren wird, so ertrinkt in der Taufe auch der alte Adam und der neue Mensch wird geboren (1. Petrus 3,20-21). Das Motiv der Taube wird damit von der Sintflutgeschichte in die Erzählung der Taufe Jesu übertragen.


In Verbindung mit der Noah-Geschichte verkörpert die Taube auch die Seele des Menschen, die nach dessen Tod zu Gott zurück fliegt. Das Motiv der Heimkehr, das man von Brieftauben kennt, spielt hier eine wesentliche Rolle. In der weiteren Entwicklung wird die Taube damit zum grundlegenden Symbol des Friedens der Schöpfung und der in Gott ruhenden Seele. Losgelöst von diesem grundlegend christlich bestimmten Zusammenhang wird die Taube in der Moderne dann zum Symbol des Friedens an sich, zur „Friedenstaube“.


Taube und Feuer – beide Symbole repräsentieren also den Heiligen Geist und machen ihn anschaulich. Beide verhelfen dazu, den Geist Gottes zu versinnbildlichen, da gerade der Geist – genau wie der Windhauch – nicht gesehen werden kann. Außerdem klärt der fliegende Vogel, wie die Distanz zwischen göttlicher, also himmlischer Sphäre und irdisch-menschlicher Ebene überbrückt werden kann. Die Taube nimmt damit (eher als das Feuer) ein wesentliches seelsorgliches Anliegen auf und dürfte u.a. deshalb zum wesentlichen Symbol des Geistes geworden sein.


Pfarrer Dr. Paul Metzger


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